Zum Selbstbestimmungsgesetz aus epistemologischer und verfassungsrechtlicher Sicht

Schreiben an Birgit Kelle

‌Liebe Frau Kelle,
mit großer Aufmerksamkeit habe ich Ihre Ausführungen zum sich langfristig ankündigenden Selbstbestimmungsgesetz während der letzten Jahre verfolgt. Es ist verständlich, dass Sie stets die Probleme, die sich für Frauen und Kinder aus diesem Gesetz ergeben, in den Vordergrund gestellt haben. Ich bin Literaturwissenschaftler und habe mir die Frage gestellt, wie man das philosophische Konzept, das hinter diesem Gesetz steht, verstehen kann. Das ist mir lange nicht gelungen, weil ich nicht verstehen konnte, wie jemand durch Umbenennung, Verkleidung oder Kastration sein Geschlecht ändern könnte, wo ein Geist herkomme, der sich in einem Körper, noch dazu in einem falschen, niederlasse. Simone de Beauvoir schreibt in „Le deuxième sexe“, dass Frauen, die ihre geschlechtliche Determiniertheit bestreiten und ein nominalistisches Konzept von Geschlechtlichkeit vertreten, unaufrichtig seien.

Dieses Nichtverstehen hatte sein Ursache darin, dass ich mich von dem Konzept nicht lösen konnte, dass das biologische Geschlecht als etwas objektiv Gegebenes und ein davon verschiedenes soziales Geschlecht als soziale Konstruktion ansieht. Erst die Erläuterung von Pauline Quillon, dass das Konzept der Selbstbestimmung davon ausgeht, dass das biologische Geschlecht eine soziale Konstruktion sei und dass das durch die innere Erfahrung gegebene Geschlecht eine objektive Gegebenheit sei, hat mir dieses neue Konzept, dessen allgemeine Verbreitung einen epistemologischen Bruch darstellen würde, verständlich gemacht. In der Tat wäre es vorstellbar, dass die Gesellschaft die alte Vorstellung vom biologischen Konzept aufgibt und diejenige vom selbst bestimmten Geschlecht annimmt. Ich habe dazu einen Kommentar für den Verfassungsblog geschrieben: https://sternkekandidatkreistagvg.wordpress.com/2024/04/17/fragen-an-susanne-rosbach-zu-und-plotzlich-selbstbestimmt/

Dieser Kommentar wurde nicht freigeschaltet, denn offensichtlich missfiel meine Auffassung, dass der Staat nicht das Recht hat, seinen Bürgern ein bestimmtes philosophisches Konzept als Meinung aufzuzwingen. Die Verfechter des Selbstbestimmungskonzepts kritisieren das alte Konzept als biologistisch, essentialistisch usw.  Aber sind biologistische und essentialistische Auffassungen denn nicht auch durch die Meinungsfreiheit geschützt? Kann ein materialistisches Konzept, dass den Geist nicht abgelöst vom Körper, sondern die Psyche als Funktion und Organisationsform der Materie sieht, vom Gesetzgeber verboten werden?
Meines Erachtens ist der mit dem Selbstbestimmungsgesetz vorgenommene Eingriff in die Meinungsfreiheit verfassungswidrig.

Meine erste Reaktion war, dass ich dieses Gesetz in Parallele zu der These, dass CO2 das globale Klima schädige, sah. Zunächst gibt es kein globales Klima, dann ist der der Treibhauseffekt weder experimentell nachgewiesen noch als physikalischer Effekt eindeutig beschrieben. Es gibt mehrere einander widersprechende Modelle, die dem Strahlungsgleichgewicht an der Grenzfläche Atmosphäre/All und oftmals auch dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik widersprechen, wie z.B. dasjenige auf der Website des UBA, das behauptet, dass die thermische Gegenstrahlung der kälteren Luft die wärmere Erdoberfläche erwärme. Darf der Staat uns im Rahmen einer Staatsideologie oder einer wissenschaftlichen Weltanschauung vorschreiben, wie wir die Realität sehen wollen? Ebenso verhält es sich mit den Windrädern, deren Naturverträglichkeit einfach behauptet wird und die landesweit im Außenbereich in den Lebensräumen strenggeschützter Arten privilegiert gebaut werden, obwohl der Staat die Wildtiere laut Art. 20a GG schützen muss und die Europäische Vogelschurzrichtlinie das massenhafte und wahllose Töten von Wildvögeln untersagt. Auch hier wird von der Regierung die Naturverträglichkeit einfach postuliert und die Realität willkürlich festgelegt. Der Zwang, Männer Frauen zu nennen, ist in meinen Augen ein schwerer Eingriff in die Meinungsfreiheit.

In diesem Zusammenhang fand ich eine Diskussion, die auf verschiedenen Youtube-Kanälen geführt wurde, interessant. Die Tiktokerin Lucy Hellenbrecht hatte einem Mann, mit dem sie ein intimes Verhältnis anstrebte, zunächst verschwiegen, dass sie eine trans Frau ist. Als sie sich dann outete und dieser ihr mit der Begründung, dass sie ein Mann sei, den Laufpass gab, veröffentlichte sie das Gespräch, das sie heimlich aufgenommen hatte, und warf die Frage auf, ob es eine Möglichkeit gebe, die Lehrerlaufbahn dieses jungen Mannes zu verhindern. Sie vertritt die Auffassung, dass sie den Zeitpunkt, zu dem sie sich als Transfrau oute, selbst wählen dürfe. Ihre Position wurde von anderen Transaktivistinnen modifiziert und radikalisiert, die die Auffassung vertreten, dass ein Mann nicht das Recht habe, eine Frau allein aus dem Grunde zurückzuweisen, weil sie eine trans Frau sei, selbst dann nicht, wenn sie sich nicht habe operieren lassen, da ihr Geschlecht allein schon dank der Hormoneinnahme anders rieche und sich anders im Mund anfühle. Dagegen äußerten verschiedene männliche heterosexuelle Youtuber, dass das trans-Frau-Sein für sie ein Ausschlusskriterium bei der Partnerwahl sei. Einer ging so gar so weit, zu sagen: „Niemand will sie!“ Einstimmig tadelten jedoch alle den Mann, der Lucy Hellenbrecht einen Mann genannt hatte. Für alle gilt das Dogma: „trans Frauen sind Frauen“.

Die Diskussion zeigt jedoch, dass der epistemologische Bruch, der sich hinter diesem Slogan verbirgt, gar nicht stattgefunden hat. Denn es hatten sich für alle Beteiligten nur die sprachlichen Bezeichnungen geändert, wer früher ‚Frau‘ hieß, heißt nun ‚cis Frau‘ und wer sich früher Mann nannte, heißt nun ‚cis Mann‘ oder ‚trans Frau‘. Im Grunde findet nichts als Sprachgängelei und Sozialdisziplinierung statt. Keiner der Diskutanten war der Auffassung, dass die Täuschung eines potentiellen Partners bis zum bitteren Ende getrieben werden könne. Alle wissen, dass eine trans Frau keine Frau, sondern nur das Simulacrum und Traumgebilde einer Frau ist. Nicht umsonst spricht Lucy Hellenbrecht davon, dass sie die perfekte Traumfrau sein könne. Der Unterschied zwischen physisch-materiellen Frauen und metaphysisch-geistigen Frauen mit technisch hergestellten Frauenkörpern bleibt bestehen als Unterschied zwischen Original und Imitat, echt und gefälscht.

Vielleicht ist es wie beim Klimawandel durch CO2, für welchen auch nicht gefordert wird, dass man wirklich daran glaubt, sondern bei dem das Lippenbekenntnis genügt. Aber der Verstoß gegen die Meinungsfreiheit besteht jedoch auch.

Da Sie auch mit Juristen und vielleicht auch mit Verfassungsrechtlern zusammenarbeiten, bitte ich Sie, auch diesen Aspekt des Problems zur berücksichtigen, da Sie, wenn ich Sie richtig verstanden habe, die Hirnwäsche nicht hinnehmen wollen.
Mir herzlichen Grüßen
Dr. René Sternke

Lucy Hellenbrecht: „ich kann deine Traumfrau sein“ (Quelle: https://www.tiktok.com/@lucy.hellenbrecht/video/7337755247542045985, Screenshot)

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