Anfrage von Staatsrechtler Große Hündfeld an Bauministerin Geywitz zur Verfassungswidrigkeit des Baus von Windkraftanlagen

Norbert Große Hündfeld

Lütkenbecker Weg 100

48155 Münster

BLOG für Energieverfassungsrecht

Tel. 0251 64418

Münster, 16.12.2021

Frau Bundesbauministerin

Klara Geywitz

Alt Moabit 140

10557 Berlin

Betr.: Genehmigungsrecht für den Ausbau der Windenergie auf 2% der Fläche Deutschlands

Sehr geehrte Frau Ministerin Geywitz!

Aus Anlass der Übernahme ihres wichtigen Regierungsamtes in der Ampelkoalition gratuliere ich Ihnen im Namen von Bürgern, die im GEGENWIND verfassungsrechtlich mit Artikel 20a GG argumentieren.

Wir freuen uns über die Tatsache, dass Sie die Leitung der obersten Bundebaubehörde übernommen haben, die wieder ein eigenständiges Bundesministerium bildet.

Gestatten Sie, dass ich meinen Glückwunsch mit dem Inhalt unseres Manifests vom 10. Oktober 2020 verbinde.

Wir hatten damit im Bundestag die Beendigung der Verfassungswidrigkeit der Windenergiepolitik gefordert – gestützt auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, vom 16.06.1994, das die Zulässigkeit des Anlagenbaus der Windindustrie verneint hat.

Das vergangene Jahr ist anders verlaufen.

Unsere Forderung ist im Bundestag nicht behandelt worden. In keiner Fraktion ist über das Urteil gesprochen worden. Im Januar hat der Bundestag das EEG 2021 in Kraft gesetzt.

Im März mussten wir erleben, dass das Bundesverfassungsgericht mit aufsehenerregendem Klimabeschluss vom 24.03. die nachteiligen Folgen der Windkraftnutzung – ohne das Urteil überhaupt zu erwähnen – wortlos akzeptiert hat.

Es hat lediglich die mangelnde Fortschreibung der verfassungswidrigen Politik der Schädigung des Außenbereichs für die Zeit nach 2030 gerügt.

Im Wahlkampf haben wir uns über die Zielsetzung aller Kandidaten, künftig vermehrt Windkraftanlagen zu bauen, gewundert.

Von Ihrem Ministerium wollen wir nun endlich Verbindliches über das Genehmigungsrecht für Windkraftanlagen im Anwendungsbereich von § 35 BauGB erfahren.

Die Bürgerinnen und Bürger und auch die Mitglieder Wahlprüfungsausschusses des Bundestages im Verfahren WP 45/2021 müssen wissen:

Gilt für die Beurteilung der Zulässigkeit von Windkraftanlagen nach § 35 BauGB die Vorschrift in Absatz 1 oder 2?

Diese Frage ist von verfassungsrechtlich argumentierenden Bürgerinnen und Bürgern in der vergangenen Legislaturperiode vielfach gestellt, von der Regierung und ihren Parteien jedoch nie beantwortet worden!

Auch von Politikern der Ampelparteien, die ich nach der Wahl um Auskunft gebeten habe, habe ich keine Antwort erhalten.

Dass Dilemma, dass über die Verfassungsfrage bis heute keine Debatte hat stattfinden können, dokumentieren Textinhalte, für die ich an erster Stelle auf die fundamentalen Ausführungen des Freiburger Verfassungsrechtlers Professor Dr. Dietrich Murswiek verweisen möchte.

http://www.dietrich-murswiek.de/klimapolitik-und-verfassungsrecht.html

Nachdrücklich empfehle ich seinen Münchener Vortrag vom 22. Oktober 2019 „Klimaschutz und Grundgesetz. Wozu verpflichtet das Staatsziel Umweltschutz?“ sowie seine Kritik an dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.03.2021: „Ökonomisch und ökologisch unsinnig, verfassungsrechtlich falsch“.

Zur Argumentation dieses ausgewiesenen Verfassungsexperten. Kommentator zu Artikel 20a bei Michael Sachs, GG 9. Auflage 2021 gibt es keine Reaktion.

Kann das Bundesbauministerium die Argumente von Prof. Murswiek entkräften?

Staatspolitisch noch befremdlicher ist es, dass es kein Wort zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gibt, das WEA Vorhaben für planungsrechtlich unzulässig gehalten hat.

Über die Entscheidung des höchsten deutschen Fachgerichts wird auf meinem BLOG für ENERGIEVERFASSUNGSRECHT ausführlich informiert (siehe auch zahlreiche Dokumente auf dem BLOG für Artenschutz von Dr. René Sternke).

Die Ampelkoalition kann der Genehmigungsfrage nicht länger ausweichen:

Sie hat im Koalitionsvertrag geregelt, dass 2% der Gesamtfläche Deutschlands mit WEA bebaut werden soll.

Also fragen wir:

Ist der Anlagenbau nach Absatz 1 zulässig oder gemäß Absatz 2 unzulässig?

Für die Zulässigkeit von WEA-Vorhaben nach § 35 Absatz 1 BauGB spricht:

der heutige gesetzliche Wortlaut in Nr. 5, der Vorhaben privilegiert, „wenn sie der Nutzung der Windenergie dienen“.

Der Wortlaut entspricht der Fassung gemäß der BauGB-Novelle vom 30.07.1996. die am 01.01.1997 in Kraft getreten ist.

Für die Unzulässigkeit von WEA nach § 35 Absatz 2 BauGB spricht:

das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16 06. 1994 BVerwG E 96, 95.

Das Urteil stuft WEA, die Strom für die Einspeisung ins öffentliche Netz erzeugen, als „sonstige Vorhaben“ im Sinne von Absatz 2 ein, die grundsätzlich unzulässig sind.

Das BVerwG argumentiert:

Für eine Privilegierung nach Absatz 1 fehlt es solchen Anlagen an dem ungeschriebenen Merkmal der Ortsgebundenheit. Wörtlich:

„Wenn man im Außenbereich überall dort, wo ein Wind weht, Windkraftanlagen, die Strom für das öffentliche Netz erzeugen, errichten, dürfte, würde die in ihrer Gesamtkonzeption auf das Ziel größtmöglicher Schonung des Außenbereichs ausgerichtete Privilegierung des Außenbereichs aus den Angeln gehoben.“

Tatsächlich hat dieses Urteil bewirkt, dass bis zum 01.01.1997 WEA-Vorhaben nicht mehr genehmigt worden sind.

Dann aber änderte sich die Genehmigungspraxis rasant!

Von Januar 1997 bis heute sind mehr als 30 000 WEA genehmigt und gebaut worden! Im Widerspruch zu § 35 Absatz 2 BauGB und unvereinbar mit der Umweltschutzpflicht in Artikel 20a GG.

Der Grund für diese Änderung ist auf dem BLOG für ENERGIEVERFASSUNGSRECHT ausführlich beschrieben worden:

Der Gesetzgeber hat auf Vorschlag der Windkraftindustrie den Wortlaut in § 35 Absatz1 BauGB so geändert, dass nunmehr die Nutzung der Windkraft privilegiert ist.

Wir fragen Ihr Ministerium:

Durfte der Gesetzgeber privilegieren, was das zerstört, was er verfassungsrechtlich verpflichtet war zu schützen?

Niemand hat bislang kritisiert, dass mit dieser Novellierung das Ziel größtmöglicher Schonung des Außenbereichs aus den Angeln gehoben worden ist!

Das Bundesbauministerium darf seine Stellungnahme zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht verschweigen:

Wer verspricht, Windräder zu bauen, muss begründen, dass es überhaupt planungsrechtlich zulässig ist, Genehmigungen für deren Bau und Betrieb zu erteilen.

Sehr geehrte Frau Geywitz, widersprechen Sie unserer Überzeugung, dass der Gesetzgeber mit der Preisgabe des Schonungsziels für den Außenbereich gegen das Schutzgebot des Verfassungsgebers in Artikel 20a GG verstoßen hat? Bestätigen Sie, dass gegen das Artikel 20a immanente Verschlechterungsverbot verstoßen wird.?

Wir betonen:

Die Genehmigungsbehörden handeln in ihrer Genehmigungspraxis gegen den Willen des Verfassungsgebers, den der Änderungsgesetzgeber missachtet hat.

Beurteilt Ihr Ministerium die Wirkung des Urteils anders?

Lassen Sie die Leser meines BLOGS bald wissen, wie es nach geltendem Recht um die Zukunft der Windkraftnutzung in Deutschland steht.

Meine Leser wissen vom Bundesverwaltungsgericht, dass bis Anfang 1997 für das Zulassungsrecht § 35 Absatz 2 BauGB gegolten hat.

Das Urteil ist in seiner Richtigkeit nie bezweifelt worden: Vorhaben des Anlagenbaus der Windindustrie waren bis Januar 1997 unzweifelhaft unzulässig!

Übernehmen jetzt bitte Sie die demokratische Verantwortung, der Bevölkerung zu sagen, was für das Zulassungsrecht in der Zeit der Regierung der Ampelkoalition gilt.

Und staatsrechtlich ist noch wichtiger:

Es gehört zu Ihrer Amtspflicht als Leiterin der obersten Baubehörde, den Beamten in Baugenehmigungsbehörden endlich zu sagen, ob die BauGB Novelle wirklich mit dem in Artikel 20a GG verankerten Umweltschutzgebot vereinbar und nicht verfassungswidrig nichtig ist.

Wir halten der Ampelregierung vor:

Das verdrängte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist weiter wirksam. Es hat seine Verbotswirkung gemäß § 35 Absatz 2 BauGB wegen der Nichtigkeit der BauGB-Novelle von 1996 behalten und muss respektiert werden!

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Große Hündfeld

Datei:2019-09-10 SPD Regionalkonferenz Klara Geywitz by OlafKosinsky MG 2509.jpg
Bauministerin Klara Geywitz © Olaf Kosinsky (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:2019-09-10_SPD_Regionalkonferenz_Klara_Geywitz_by_OlafKosinsky_MG_2509.jpg )

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