Die Energiewende hat das Ziel größtmöglicher Schonung des Außenbereichs aus den Angeln gehoben

1994 hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil die Errichtung einer Windkraftanlage im Außenbereich untersagt, weil Windkraftanlagen keine Unternehmungen sind, die im Außenbereich privilegiert sind. Die Windlobby hat daraufhin die Bundesregierung bearbeitet, Windkraftanlagen im Außenbereich zu privilegieren. 1996 wurde ein entsprechendes Gesetz vom Bundestag abgenickt.

In der Begründung des Urteils von 1994 heißt es u.a.: „Günstige Windverhältnisse herrschen auf nahezu sämtlichen Außenbereichsflächen der Gemeinde W., der Insel Föhr, in weiten Teilen des Kreises Nordfriesland, überhaupt im gesamten Küstenbereich, aber auch in vielen anderen Gegenden, wie etwa in der Norddeutschen Tiefebene. Reichte der Gesichtspunkt der Windhöffigkeit aus, um den von § 35 I Nr. 4 BauGB geforderten Standortbezug herzustellen, so könnten – unter dem Vorbehalt, daß an dem konkreten Standort keine öffentlichen Belange entgegenstehen – Windkraftanlagen, die Strom für das öffentliche Netz erzeugen, in Deutschland weithin im Außenbereich errichtet werden. Die in ihrer Gesamtkonzeption auf das Ziel größtmöglicher Schonung des Außenbereichs ausgerichtete Privilegierungsregelung des § 35 I BauGB würde bei einem solchen Verständnis aus den Angeln gehoben.“

Genau dieser Fall ist mit der Gesetzesnovelle von 1996 eingetreten. Es werden in Deutschland weithin im Außenbereich Windkraftanlagen errichtet. Der Außenbereich hat seine größtmögliche Schonung verloren.

Warum soll der Außenbereich größtmögliche Schonung erfahren? Warum sollten Merkel, Altmaier, Laschet, Scholz, Schulze, Baerbock & Co. nicht alles zuspargeln? Das Urteil von 1994 nennt als Funktionen des Außenbereichs die landwirtschaftliche Nutzung und die Erholung. Unzweifelhaft werden der Landwirtschaft durch den massiven Windkraftausbau große Flächen entzogen, was die Landbesitzer zwar nicht stört, weil sie nun ohne Arbeit mehr Geld verdienen können, sich aber auf die Qualität unserer Nahrung negativ auswirken dürfte. Die Frage, ob eine Landschaft durch Windkraftanlagen ihren Erholungswert verliert, will das Gerichtsurteil von 1994 nicht beantworten. Diese Frage wurde bisher nie in der Öffentlichkeit debattiert oder zum Thema eines Wahlkampfes gemacht.

Die meisten Wildtierarten, die durch den bundesweit flächendeckenden Windkraftausbau ihre Lebensräume verlieren, erfüllen aus der Perspektive des genannten Urteils wohl keine Funktion. Viele sieht man nur nachts. Sie halten sich in Gebieten auf, wo kaum jemand ist. Man sieht sie zumeist nur flüchtig und nur aus der Ferne. Artikel 20a GG gebietet, die Wildtiere und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen. Die Politiker aller Parteien sind offenbar der Auffassung, dass Wildtiere nicht erhaltenswert sind. Sie sind davon überzeugt, dass ihre Wähler genauso primitiv sind wie sie selbst und dass ethische und ästhetische Fragen für sie ebenfalls keine Rolle spielen. Ihr Götze heißt Geld.

In den Sendungen der öffentlich-rechtlichen Sender wird die Fortexistenz vieler Wildtierarten regelmäßig gegen Geld abgewogen. In der Sendung „Gegen den Wind“ des Bayerischen Rundfunks geifert die Sprecherin gegen den VLAB, der einen Storch schützen und einen Windpark verhindern will. Der Windpark kann viele Haushalte versorgen. Das kann der Storch nicht. Der Energiepolitiker Jens Koeppen (CDU) forderte ebenfalls, dass der Storch noch mehr von seinem Gebiet abgeben möge. Längst hat sich das Gros der Politiker und Journalisten vom Grundgesetz und den darin festgeschriebenen Werten verabschiedet.

Vgl. auch Norbert Große Hündfeld: ZUR VERFASSUNGSWIDRIGKEIT DES ANLAGENBAUS DER WINDINDUSTRIE

so könnten – unter dem Vorbehalt, daß an dem konkreten Standort keine öffentlichen Belange entgegenstehen – Windkraftanlagen, die Strom für das öffentliche Netz erzeugen, in Deutschland weithin im Außenbereich errichtet werden. Die in ihrer Gesamtkonzeption auf das Ziel größtmöglicher Schonung des Außenbereichs ausgerichtete Privilegierungsregelung des § 35 I BauGB würde bei einem solchen Verständnis aus den Angeln gehoben.“ © Robert Niebach
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